Die Igel brauchen unsere Unterstützung

Mittwoch, 4. Dezember 2024
Es ist besorgniserregend. Einst war der Europäische Igel in Europa eine weit verbreitete Art. Nun hat die Weltnaturschutzunion IUCN diese Art 2024 neu als «potentiell gefährdet» eingestuft. Auch in der Schweiz gibt die Situation der Igel Anlass zur Sorge. Daher untersuchen die Projekte StadtWildTiere und Wilde Nachbarn in mehrjährigen Studien, wie sich diese Art in ihrem Bestand entwickelt. Neue Resultate deuten auf eine Verbreitung mit Lücken hin.

In der Schweiz ist der Igel bereits seit 2022 in der Roten Liste der Säugetiere der Schweiz als «potentiell gefährdet» eingestuft. Weil die Anzahl der Igel in vielen europäischen Ländern zurückgegangen ist, hat 2024 nun auch die Weltnaturschutzunion (IUCN) den Igel auf der aktualisierten Roten Liste der gefährdeten Arten von «nicht gefährdet» auf die zweite Stufe «potentiell gefährdet» heraufgestuft. Damit reiht sich der Igel in eine wachsende Zahl von Tierarten ein, die durch den Verlust ihres Lebensraums unter Druck geraten.

Entwicklung der Igel in der Schweiz

Der Igel ist in den tiefen und mittleren Lagen der Schweiz noch einigermassen weit verbreitet. Hier kommt er vor allem im Siedlungsgebiet vor, wo er in den kleinteilig strukturierten Grünräumen einen geeigneten Lebensraum findet. Die ausgeräumten Landschaften der landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiete bieten ihm hingegen schon länger keine guten Lebensbedingungen mehr. Allerdings haben Untersuchungen des Projekts StadtWildTiere in der Stadt Zürich in den Jahren 2016 bis 2018 gezeigt, dass der Igel möglicherweise auch im Siedlungsgebiet an Boden verliert.

Schweizweite Projekte

Aufgrund dieser Ergebnisse aus der Zürcher Studie hat das Projekt Wilde Nachbarn im Jahr 2024 in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt die Aktion «Freie Bahn für Igel» und in der Region Zimmerberg, in der Stadt Zürich und im Kanton Thurgau die Aktion «Igel gesucht» lanciert. Erste Resultate deuten darauf hin, dass der Igel in diesen Gebieten zwar noch relativ gut verbreitet ist, dass aber auch hier Lücken bestehen. Zudem hat sich bestätigt, dass der Igel ein Siedlungsbewohner ist, denn es wurden kaum Beobachtungen aus ländlichen Gebieten gemeldet.

Langzeitstudie in der Stadt Zürich

In der Stadt Zürich liegen aktuell Daten aus den drei Zeitperioden 1992, 2016/18 und 2024 vor. Der Vergleich der ersten beiden Perioden zeigte, dass der Igelbestand innerhalb von 25 Jahren von 1992 bis 2018 um 40 Prozent abgenommen hatte. Die aktuellen Daten aus dem Jahr 2024 deuten darauf hin, dass der Igelbestand seither zwar mehr oder weniger stabil geblieben ist. Doch das Verbreitungsbild ist uneinheitlich, da er in manchen Gebieten der Stadt fehlt, in denen er 2018 noch gesichtet wurde. Das Zürcher Projekt zeigt, wie wichtig und wertvoll solche Langzeitstudien sind, damit man die Situation einer Art beurteilen kann.

Ein Netzwerk aus igelfreundlichen Gärten

Es gibt verschiedene mögliche Gründe, warum der Igel auch im Siedlungsgebiet unter Druck gerät. Zu nennen wären, dass mit der Abnahme der Insekten seine wichtigste Nahrungsgrundlage schwindet, dass Siedlungsgebiete zunehmend verdichtet und versiegelt werden und damit immer mehr Grünräume verloren gehen und dass es immer mehr Verkehr gibt. Daher ist dringendes Handeln geboten. Es braucht im Siedlungsgebiet ein Netzwerk aus igelfreundlichen Gärten mit Wildnisecken, Asthaufen, Hecken und Blumenwiesen. In Mauern und Zäunen braucht es Durchgänge und bei über 20 Zentimetern hohen Absätzen Rampen oder Kletterhilfen, damit sich der Igel ungehindert in seinem Lebensraum bewegen kann.

Citizen Science mit Spurentunnel im 2025

Im Rahmen des Projekts Wilden Nachbarn beider Basel wird im kommenden Jahr in einem Citizen Science-Projekt gemeinsam mit interessierten Personen aus der Bevölkerung, die Igelpopulation des Birstals untersucht. Dabei werden Spurentunnel in den Gemeinden Münchenstein, Arlesheim, Reinach, Aesch und Pfeffingen aufgestellt und die Bevölkerung gebeten, Igelbeobachtungen auf der Meldeplattform beidebasel.wildenachbarn.ch zu melden.

Die Projekte StadtWildTiere und Wilde Nachbarn

Mit den beiden Projekt möchten die Initiant:innen Wildtiere im Siedlungsgebiet sichtbar und erlebbar machen. Alle Interessierten können dabei mithelfen und Beobachtungen aller Arten in städtischen und ländlichen Gebieten auf der Plattform stadtwildtiere.ch und wildenachbarn.ch melden. Die Ziele der Projekte sind, die Bevölkerung für die Vielfalt der Wildtiere zu sensibilisieren und mit ihr gemeinsam die Wildtiere zu erforschen und die noch immer grossen Wissenslücken zu schliessen (Citizen Science). Die aus den Resultaten erhaltenen Erkenntnisse helfen schliesslich, die Wildtiere im Siedlungsgebiet besser schützen und fördern zu können.

Die Melde- und Informationsplattform Wilde Nachbarn beider Basel wird den beiden Basler Kantonen (Ebenrain – Zentrum für Landwirtschaft, Natur u. Ernährung, Stadtgärtnerei Basel und Amt für Wald beider Basel), vom Basellandschaftlicher Natur- und Vogelschutzverband (BNV), vom Museum.BL, von Pro Natura Baselstadt, Pro Natura Baselland und vom WWF Region Basel getragen.

Rückfragen

Dr. Sandra Gloor, sandra.gloor@stadtwildtiere.ch, 079 749 20 21
Julia Felber, julia.felber@wildenachbarn.ch, 076 243 07 02

 

Bilder
Die nachfolgenden Bilder stehen für den Gebrauch im Zusammenhang mit der Medienmitteilung bei korrekter Zitierung der Bildautoren kostenfrei zur Verfügung.
Igel sind als «potentiell gefährdet» auf der Roten Liste der gefährdeten Arten eingestuft.
Ein Igel erkundet einen Spurentunnel. Mit dieser Methode wurde das Vorkommen der Igel in verschiedenen Regionen der Schweiz untersucht.
Im Video sieht man zwei Igel, wie sie in einen Spurentunnel hineingehen.
Den Link zum Video findet man oben unter "Links"
Anhand der Igelspuren konnte die Verbreitung der Igel untersucht werden.
Neben dem Verlust an Grünräumen und dem Insektensterben ist auch der Strassenverkehr ein möglicher Faktor für die Abnahme der Igel.
Vielfältige, strukturreiche Grünflächen mit einem grossen Nahrungsangebot an Insekten sind gute Igellebensräume.
Auch Beobachtungsmeldungen aus der Bevölkerung, welche auf wildenachbarn.ch und stadtwildtiere.ch gemeldet wurden, flossen in die Untersuchungen mit ein.